Fragen und Antworten zum 4. Umweltdialog Thema Wasser

Bei unserem Umweltdialog hatten wir leider nicht genug Zeit auf alle Fragen einzugehen. In diesem Beitrag werden wir nachträglich die bei unseren Experten eingeholten Antworten auf Ihre Fragen veröffentlichen. Dieser Artikel wird ständig erweitert.

Fragen an Herrn Rosin (LBGR):

Link zur Präsentation

1. Es wurde gesagt, dass das Grundwasser in unserer Region ca. 50 Jahre zur Entstehung braucht. Wieso sind dann durch die stärkeren Regenfälle der letzten Jahre die umliegenden Pegel so stark gestiegen?

Zunächst ist es so (wie auch auf Folie 5 meiner Präsentation zu sehen), dass die Sickerzeiten in Berlin/Brandenburg sehr unterschiedlich ausfallen können. Ein maßgeblicher Faktor ist hier der Grundwasserflurabstand, d.h. die Entfernung zwischen Geländeoberfläche und Grundwasserspiegel. In Niederungsbereichen können so auch sehr kurze Sickerzeiten von Monaten und Wochen vorkommen.

Generell ist festzustellen, dass der Grundwasserstand eines Grundwasserleiters auf ein Niederschlagsereignis reagiert, sobald das aus dem Niederschlagsereignis resultierende Sickerwasser die Grundwasseroberfläche erreicht. Diese Reaktion ist nicht mit der Fließzeit des Grundwassers innerhalb des Grundwasserleiters gleichzusetzen.

Um das an einem Beispiel zu erläutern, kann man sich die Folie 10 der Präsentation ansehen. Hier betrachten wir den Grundwasserleiterkomplex 2 (GWLK 2). Im äußersten rechten Bereich der Abbildung liegt der GWLK 2 ca. 50 m unter der Geländeoberfläche. Auch die gemeinsame freie Grundwasser(-druck)-fläche des GWLK 1 und 2 liegen ca. 15 m unter der Geländeoberfläche. Hier würde man Sickerzeiten von einigen Jahren erwarten. Das bedeutet, dass ein Niederschlagsereignis die Grundwasseroberfläche eigentlich erst nach einigen Jahren erreicht. Dennoch würde der GWLK 2 schon nach relativ kurzer Zeit auf ein Niederschlagsereignis reagieren. Das Speisungsgebiet des GWLK 2, d.h. der Bereich des GWLK 2 der Kontakt zur Oberfläche hat und aus dem sich dieser Grundwasserleiter speist, befindet sich im äußersten linken Bereich der Abbildung. Hier liegt die Grundwasseroberfläche direkt unter der Geländeoberfläche. Es ist also mit sehr kurzen Sickerzeiten von Monaten oder sogar Wochen zu rechnen. Bei einem Niederschlagsereignis reagiert der GWLK 2 nun also innerhalb kurzer Zeit durch eine Erhöhung des Grundwasser(-druck)-spiegels, da ein Teil von ihm diese kurzen Sickerzeiten aufweist. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um einen Druckausgleich innerhalb des Grundwasserleiters der in so kurzer Zeit auf ein Niederschlagsereignis reagieren kann. Der konkrete Wassertropfen aus dem Niederschlag benötigt dennoch unter Umständen Jahre oder Jahrhunderte bis er den Grundwasserleiter von einem Ende zum anderen durchströmt hat.

2. Gibt es Studien über die hydrogeologischen Auswirkungen von Fundamenten von Windkraftanlagen?

Mir sind keine Studien zu diesem Thema bekannt. Allerdings ist davon auszugehen, dass bei einem Fundament für eine Windkraftanlage größtenteils die gleichen Einflüsse auf das Grundwasser bzw. den Grundwasserleiter vorliegen, wie auch bei Fundamenten für andere Bauwerke. D.h. es können lokal stark begrenzte Änderungen der Grundwasserneubildung sowie deren Verteilung und möglicherweise Beeinflussungen des Durchflusses durch den Grundwasserleiter hervorgerufen werden.

3. Wenn es viele Jahre dauert, bis Niederschläge die Sickerzone durchlaufen bevor sie zur Grundwasserneubildung führen, wie ist dann der schnelle Wiederanstieg der Grundwasser-Pegelstände (im 1. GWL) von Tiefstständen bis über den Mittelwert, z.T. sogar Höchstwerten, innerhalb nur weniger Monate (während der Niederschläge Q4/2023 – Q1/2024) südlich vom Großen Stienitzsee z.B. um Erkner zu erklären? (quasi identisch mit Frage 1)

Siehe Antwort auf Frage 1.

4. Verfügt das LBGR über Pegelmessstellen im gespannten 2.GWL in unserer Region, die sich in unmittelbarer räumlicher Nähe von Pegelmessstellen vom 1. GWL befinden? Falls ja, zeigen diese – gemessen in m NHN – zeitgleich immer ein und denselben Höhenstand an? (Dann wäre es doch ausreichend, nur die Pegel im 1. GWL zu verfolgen, wie es das LfU macht?)

Das LBGR betreibt lediglich ein (gemessen an der Größe der Messnetze des LfU) relativ kleines Salinarmessnetz. Keine der Grundwassermessstellen des LBGR befindet sich in der Region um den Stienitzsee.

5. Gibt es noch mehr 3D-Schnitte als die 4 gezeigten um und insbesondere nördlich des Großen Stinietzsee? Kann man diese selbst auswählen und abrufen?

Unter der folgenden Website sind alle durch das LBGR erstellten hydrogeologischen Profilschnitte aus der aktuellen Hydrogeologischen Karte 1:50.000 verfügbar:

https://geo.brandenburg.de/?page=Hydrogeologische-Karten

Darüber hinaus sind dort auch Karten mit flächenhafter Darstellung der Region abrufbar. Dem LBGR liegen noch weitere Kartenwerke und Profilschnitte aus älteren Kartierungen oder Erkundungen vor. Diese sind jedoch nicht online und teilweise auch nicht digital verfügbar. Bei Bedarf wird eine Anfrage empfohlen (hydrogeologie@lbgr.brandenburg.de oder geoarchiv@lbgr.brandenburg.de).

6. Warum sind (bisher alle) LBGR-Brunnendaten für uns nicht abrufbar mit Ausnahme der Hauptseite des Brunnens? (bel allen anderen Tab’s erscheint die Meldung „Serverfehler“).

Unter dem folgenden Link sind alle dem LBGR vorliegenden, öffentlich frei verfügbaren und bereits digitalisierten Bohrungsdaten abrufbar:

https://geo.brandenburg.de/?page=Bohrpunktkarte-Brandenburg

Wie in der folgenden Abbildung zu sehen ist, liegen im Bereich des Stienitzsees eine große Zahl von Bohrungen (inklusive einiger Brunnenbohrungen des Wasserwerkes Eggersdorf) mit den jeweiligen Schichtenverzeichnissen vor. Der Ausbau von Brunnen und Grundwassermessstellen wird nicht mit dargestellt, was technische Gründe hat und nicht auf deren Verfügbarkeit zurückschließen lässt. Für eine Recherche aller dem LBGR bekannten Bohrungen in einem bestimmten Bereich wäre eine schriftliche Anfrage mit den Koordinaten eines solchen Bereiches und ggf. ein Vor-Ort-Termin zur Einsichtnahme der noch nicht digitalisierten Bohrungen notwendig.

7. Führt das LBGR an eigenen Pegelmessstellen in unserer Region selbst Messungen durch verfügt das LBGR über zusätzliche eigene Grundwasserpegel-Zeitreihen aus dem 1. und 2. GWL (außer denen des LfU)?

Siehe Antwort auf Frage 4. Die einzigen vom LBGR durchgeführten Messungen in der Region um den Stienitzsee sind Probenahmen für hydrochemische Analysen an den Quellen am östlichen Hang des Stienitzsees. Dabei wurden lediglich hydrochemische Parameter analysiert.

8. Liegen die alten hydrogeologischen Grundwasser-Erkundungsberichte aus DDR-Zeiten, die in den Wasserrechtsanträgen des WSE immer wieder zitiert werden aber für uns unauffindbar sind, dem LBGR vor? (darin wurde ab 1976 ff. für die einzelnen Wasserwerksstandorte ausgewiesen, wieviel Grundwasser dort maximal gewinnbar ist, wir kennen dadurch diese Mengen, aber nicht im Detail die damalige Nachweismethodik.

Generell verfügt das LBGR im Geoarchiv über die Grundwassererkundungsberichte aus DDR-Zeiten. Diese liegen jedoch nur in Papierform vor und können nur vor Ort eingesehen werden. Dies betrifft auch den genannten Erkundungsbericht Eggersdorf 1976/1977.

9. Kann nördlich des Großen Stienitzsee durch die fast wasserundurchlässigen Deckschichten Niederschlagswasser über den 1. GWL langsam bis in den 2. GWL eindringen, sofern der hydrostatische Druck im 1. GWL etwas höher ist (s. Frage 4)? Um welche Mengen könnte es sich dabei handeln (in cbm je Quadratkilometer und Jahr)?

Unter den von Ihnen genannten grundwasserhydraulischen Bedingungen ist ein Übertritt durch eine Schicht mit einem geringen Durchlässigkeitsbeiwert (also eine schlecht durchlässige Schicht) prinzipiell möglich. In der Hydrogeologie nennt man diesen Übertritt Leakage. Über eine sehr große Fläche kann dieser Leakage auch erhebliche Mengen ausmachen. Eine genaue Bezifferung dieser Menge für den Bereich zwischen Stienitzsee und Straussee würde eine aufwändige Berechnung erfordern.

Neben diesem flächenhaften Übertritt aus dem GWLK 1 ist auch der Übertritt über möglicherweise vorhandene Fehlstellen im Stauer zwischen GWLK 1 und 2 sowie der randliche Zustrom innerhalb des GWLK 2 von Bedeutung.

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