Stellungnahme zum CEMEX UVP-Bericht

Seit langem haben wir uns gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung für eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eingesetzt, haben sie anlässlich des Änderungsantrages der Müllverbrennungsanlage von Vattenfall vergeblich eingefordert, aber schließlich konnte beim gemeinsamen CEMEX-Scopingtermin mit dem Landesamt für Umwelt (LfU) die Durchführung einer UVP vereinbart werden, die eben nicht nur die geringfügigen Auswirkungen der von CEMEX zuletzt beantragten kleineren Verfahrensänderungen, sondern vor allem die Gesamtbelastung unserer Region betrachten sollte.

Nun liegt dieser UVP-Bericht vor, und wir sind bitter enttäuscht!

Enttäuscht, weil trotz unserer kritischen Hinweise wieder das Gutachterbüro GfBU beauftragt wurde, denn schon beim Erörterungstermin des Änderungsantrages der Müllverbrennungsanlage (1.-3.04.2014) lernten wir die „Arbeitsweise“ und Glaubwürdigkeit des GfBU kennen. Hierzu nun folgende Beispiele:

1.     Schutzgut Pflanzen, Tiere und biologische Vielfalt

Im UVP-Bericht des GfBU wird zusammenfassend eine völlig verzerrte, herabwürdigende Bewertung der Schutzgüter unserer Heimat abgegeben:

An Tatsachenverdrehung kaum noch zu überbieten ist darin diese Bewertung der Biologischen Vielfalt im Untersuchungsgebiet durch das GfBU:

„Im Untersuchungsgebiet überwiegen Siedlungs-, Gewerbe-, und Industrieflächen mit einer geringen Artenvielfalt.“

Denn das Untersuchungsgebiet soll eigentlich einen Radius von 6 km um den CEMEX-Schornstein herum haben. Aber schon im Radius von nur 1000 m und trotz Auslassung der eingezäunten Tonloch-Biotope, also überwiegend nur innerhalb des großen Werksgeländes, wurden im „Gutachten Amphibien“ von 15 im Land Brandenburg vorkommenden Amphibienarten bereits 10 nachgewiesen, das entspricht das 2/3 aller im Land vorkommenden Arten!

Sogar 8 der 10 hier nachgewiesenen Arten gelten als wertgebend und unterliegen einem planungsrelevanten Schutzstatus – das ist eine ausgesprochen große biologische Vielfalt auf engstem Raum im Umkreis von nur 1 km um den Schornstein:

Das sehr lesenswerte und bebilderte Amphibien-Gutachten kann hier heruntergeladen werden und z.B. im „Sachunterricht“ verwendet werden:
https://storage.driveonweb.de/dowdoc/d4316b7e069ad774a885c9cfe4ab6a447f36742430bb0a85

Ebenso zu empfehlen ist allen Naturfreunden das „Gutachten Brutvögel“, das im UVP-Bericht enthalten und einzeln hier herunterzuladen ist:
https://storage.driveonweb.de/dowdoc/d4316b7e069ad774a885c9cfe4ab6a4433f96c2c33825eaf
Insgesamt wurden während dieser Untersuchungen im Umkreis von nur 1,5 km um den Schornstein und trotz Auslassung der eingezäunten Tonloch-Biotope bereits 91 Vogelarten festgestellt, davon 79 als Brutvogelarten (siehe Tabelle 2 im Gutachten).
Unter Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie fallen Eisvogel, Fischadler, Heidelerche, Kranich, Mittelspecht, Neuntöter, Rohrweihe, Rotmilan, Schwarzmilan, Schwarzspecht und Wanderfalke. Zahlreiche andere gesichtete Arten stehen auf der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands bzw. Brandenburgs.

79 nachgewiesene Brutvogelarten – das entspricht 37 % aller im Land Brandenburg überhaupt vorkommenden Brutvogelarten. Für einen so kleinen Untersuchungsradius von nur 1,5 km eine außerordentlich hohe Artenvielfalt!    

Allerdings enthält dieses „Gutachten Brutvögel“ auf Seite 22 wieder eine der typischen zusammenfassenden Falschaussagen des GfBU, die selbst dann so getroffen werden, wenn sie – wie oben dargestellt – den selbst ermittelten Sachverhalten direkt widersprechen:

Denn im selben UVP-Bericht und im selben Jahr (März – Juli 2017) wurden ausweislich des oben zitierten „Gutachten Amphibien“ in dessen noch kleinerem und noch nicht vollständig begangenen Untersuchungsgebiet allein schon 8 Amphibienarten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie nachgewiesen, wie wir in obiger Tabelle 3 selbst nachzählen können. Allen bekannt und auch erwähnt werden im UVP-Bericht die zahlreichen geschützte Fledermausarten im Untersuchungsgebiet – versteht die GfBU das unter „geringer Artenvielfalt“???

Andere für das Untersuchungsgebiet zutreffende frühere Gutachten, die uns und dem LfU vorliegen, weisen noch eine große Anzahl weiterer geschützter Arten auf, Tiere wie Fischotter und Feldhasen, Reptilien und seltenste, strengstens geschützte Schmetterlinge – all dies wurde aber vom GfBU nicht nur nicht untersucht, sondern auch  im UVP-Bericht nicht erwähnt, entweder aus erschreckender Unkenntnis oder aber um die behauptete geringe Empfindlichkeit dieser Schutzgüter vortäuschen zu können?

Der Vorwurf, die Empfindlichkeit der Schutzgüter wider besseren Wissens zu bewerten, ergibt sich nicht nur aus den extern vergebenen zwei Gutachten, sondern auch aus den eigenen Feststellungen im GfBU-Wortlaut wie hier auf Seite 42 des UVP-Berichts:

„Der Ton- und Kalksteinabbau hat neue Standorttypen hinterlassen, die nun mit einer Spontanvegetation ausgestattet sind, wie es sie nur in Rüdersdorf gibt. Durch die Nutzungsaufgabe konnten sich vielfältige Rückzugshabitate bilden, welche Lebensraum für ansonsten seltene Tierarten bieten. Auch der Kalksteintagebau mit seinen vegetationsfreien Steilhängen und trockenen Brachflächen bietet Lebensraum für eine Vielzahl von Fledermausarten, Insekten und Reptilien.“

Oder auf Seite 43 des UVP-Berichtes, Zitat:

Im Untersuchungsgebiet befinden sich drei FFH-Gebiete, sowie ein Naturschutzgebiet und ein Landschaftsschutzgebiet, die nachfolgend beschrieben werden.

Diese doch recht klare Erkenntnis führt 14 Seiten später auf Seite 57 zu folgender völlig unverständlicher und sogar gegenteiliger Schlußfolgerung. Vielleicht fehlte dem Gutachter an dieser Stelle die Übersicht über sein eigenes Gutachten:

„Im Untersuchungsgebiet überwiegen Siedlungs-, Gewerbe-, und Industrieflächen mit einer geringen Artenvielfalt“ ???

2.     Schutzgut Mensch

Die an Surrealität und Peinlichkeit kaum noch zu überbieten ist auch diese zusammenfassende Bewertung auf Seite 34 des UVP-Berichts, Zitat:

Die Empfindlichkeit des Schutzgutes Mensch, einschließlich menschlicher Gesundheit, wird auf Grund der Entfernung zu den nächstgelegenen Wohnbebauungen mit gering eingestuft.

Denn auf der gleichen Seite ist zu lesen:

„Der Abstand wurde als geringste Entfernung zwischen dem Mittelpunkt des Zementwerks und der jeweils zur Anlage nächstgelegenen ausgewiesenen Wohnbaufläche definiert.“

Diese eigenwillige Logik der von uns schon oft kritisierten und leider immer wieder gern beauftragten „Gesellschaft für Umwelt- und Managementberatung mbH“ führt nun dazu, dass aus nur 180 m Entfernung von Hauptanlagenteilen des Werkes (die Entfernung bis zur Werksgrenze ist noch viel geringer!) bis zum Immissionsort Hauptstraße 85 plötzlich 500 m Entfernung zur Anlage werden:

Also:  Ein Industriebetrieb muss nur groß genug sein, dann wären selbst innerhalb des Werksgeländes liegende „Wohngebiete“ weit genug vom Mittelpunkt des Werkes entfernt und deshalb dort die „Empfindlichkeit des Schutzgutes Mensch, einschließlich menschlicher Gesundheit“, als gering einzustufen???

Uns fehlen die Worte über so viel Unsinn und Ignoranz ….

Es ist uns völlig unverständlich, warum sich ein seröses, großes, allseits geachtetes Industrieunternehmen wie CEMEX durch die Beauftragung des GfBU in solch einer wichtigen Fragestellung wie des UVP Berichts, seinen guten Ruf beschädigt.

Bei einer ehrlichen Betrachtung der empfindlichen umliegenden Schutzgüter im Radius von 6 km kommt man aus dieser Distanz zu einem ganz anderen Schluss:

Tagebau und Zementwerk befinden sich als umweltbeeinträchtigende Fremdkörper inmitten herrlicher Natur, sie zerschneiden die hier vorherrschenden Landschafts- und Naturschutzgebiete:
https://geoportal.brandenburg.de/geodaten/suche-nach-geodaten/w/map/doc/1711/

Auch der – zwar im Vergleich zum Straßenverkehrslärm der B1/5 oft nicht dominierende – CEMEX-Anlagenlärm ist immer noch höher als eigentlich nach TA Lärm im Wohngebiet von Herzfelde erlaubt. Nur dank einer schon sehr alten Ausnahmegenehmigung des Landesumweltamtes beruft sich CEMEX auf die Einhaltung der „vorgegebenen“ Grenzwerte, allerdings ohne deren Ausnahmetatbestand, die Anhebung des Grenzwertes um 5 dB, dabei zu erwähnen. Hierzu in Kürze mehr.

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